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Vortrag: Wer betete und arbeitete in der alten Telgter Synagoge?

Samstag, 27. Januar 2023, 18:00 Uhr
Vortragsraum des Museums RELíGIO Telgte

Am 27.01.2024, dem Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus, hält Dr. Barbara Elkeles, Vorsitzende des Vereins Erinnerung und Mahnung, im Museum ReLigio um 18.00 einen Vortrag. Im Mittelpunkt wird die alte Telgter Synagoge ste­hen, die seit kur­zem nach umfäng­li­cher Restaurierung im Rahmen von Führungen öffent­lich zugäng­lich ist. Nach neu­en Forschungsergebnissen der Referentin dien­te das klei­ne Fachwerkgebäude an der Emsstraße der klei­nen jüdi­schen Gemeinschaft seit spä­tes­tens 1701 als Synagoge, bis es 1875 durch einen Neubau in der Königstraße ersetzt wur­de. Im Vortrag wird die Geschichte eini­ger jüdi­scher Familien dar­ge­stellt, die z.T. über vie­le Generationen in Telgte in unmit­tel­ba­rer Nachbarschaft der Synagoge leb­ten. Einige waren im 18. Jahrhundert wohl­ha­ben­de Fernhändler. Es bestan­den sogar fami­liä­re Beziehungen zu ein­fluss­rei­chen Hofjuden und Hoffinanziers. Die Quellen geben Auskunft zum jüdi­schen Wirtschafts- und Alltagsleben, zu inner­jü­di­schen Auseinandersetzungen und zu Konflikten mit der katho­lisch gepräg­ten nicht­jü­di­schen Gesellschaft. Ein beson­de­rer Schwerpunkt wird auf dem Schicksal der Familie Auerbach lie­gen, die als unmit­tel­ba­re Nachbarn und spä­te­re Besitzer des Gebäudes in her­aus­ra­gen­der Weise mit der Synagoge ver­bun­den waren, das sie nach 1875 bis zu ihrer Vertreibung als Schlachthaus und Schuppen nutzten.

Musik der Synagoge zum Klingen gebracht

Anlässlich sei­nes 25-jäh­ri­gen Jubiläums lud der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte jetzt zu einem beson­de­ren Konzert ein. In der fast voll­be­setz­ten Petruskirche prä­sen­tier­te das Ensemble „men­dels töch­ter“ Musik von Erich Mendel. Der Komponist und Musikwissenschaftler Erich Mendel, in Gronau gebo­ren und auf­ge­wach­sen, wirk­te als jüdi­scher Kantor von 1922 bis 1939 in der Bochumer Synagoge, bevor auch er vor der Barbarei der Nationalsozialisten flüch­ten muss­te.
Die Musikerinnen lie­ßen Mendels Werke in wech­seln­den Besetzungen erklin­gen und boten eige­ne Musikstücke dar, die sie inspi­riert durch sei­ne Melodien selbst geschaf­fen haben. Das „Adam Olam“, ein Gesang, der am Ende des Sabbatgottesdienstes steht, ver­kün­de­te Zuversicht und Freude. Besonders kunst­voll und zugleich schlicht war das „Magen avot“ (Schild unse­rer Väter), das den Segen erbit­tet, innig das „Kelohenu“, das ein­dring­lich die Unvergleichlichkeit Gottes preist. Fast über­schwäng­lich fröh­lich waren die abschlie­ßen­den Gesänge und Instrumentalstücke.
In sei­ner kennt­nis­rei­chen Moderation stell­te Pfarrer em. Dr. Manfred Keller Leben und Werk des bedeu­ten­den Synagogenmusikers dar, der nach KZ-Haft und erzwun­ge­ner Emigration in die USA unter dem Namen Eric Mandell eine der welt­weit größ­ten Sammlungen syn­ago­ga­ler Musik zusam­men­trug. Mandell mach­te sich als Chordirektor der Har Zion Synagoge und als Leiter der Kantorenausbildung am Gratz-College in Philadelphia auch um die Musikpraxis verdient.

Dr. Manfred Keller, Vanessa Hövelmann, Cornelia Klaren, Barbara Keller, Ulla Pfefferle


Die Zuhörer lausch­ten gebannt den Klängen des Ensembles, die zugleich fremd und ver­traut wirk­ten und die emo­tio­nal tief berühr­ten. Durch die abwechs­lungs­rei­chen Instrumentierungen mit Singstimmen, Klavier, Klarinette, Flöte, Geige, Akkordeon, Schlaginstrumenten wur­de eine unge­heu­re Farbigkeit des Klangs erreicht. Stimmen und Instrumente ver­wo­ben sich zu einem kunst­vol­len Klangteppich, der die beson­de­re Harmonik und Rhythmik die­ser Musik nach­drück­lich und durch­weg into­na­ti­ons­rein wie­der­gab. Jubel und Freude, Zuversicht und Hoffnung fan­den so ihren musi­ka­li­schen Ausdruck, immer beglei­tet von Manfred Kellers kennt­nis­rei­chen und sen­si­blen Kommentaren. Es war Musik, die zu Herzen geht und die den Zuhörern eine frem­de Welt erschloss, die Welt der Synagoge.
Das Publikum bedank­te sich mit einem lan­gen und sehr herz­li­chen Beifall für die­ses außer­ge­wöhn­li­che musi­ka­li­sche Ereignis.

Musik der Synagoge: Konzert mit dem Ensemble„mendels töchter“

Samstag, 18.11.2023, 18:00 Uhr
Evangelische Petruskirche Telgte

In die­sem Jahr fei­ert der Verein „Erinnerung und Mahnung Telgte“ sein 25jähriges Bestehen.

Dieses Jubiläum fällt mit einem beson­de­ren Ereignis zusam­men: Im September 2023 wur­de die Restaurierung der „Alten Synagoge“ in der Emsstraße abge­schlos­sen. Das Gebäude ist nun im Rahmen von Führungen für die Öffentlichkeit zugänglich.

Beide Ereignisse möch­ten wir mit einer beson­de­ren Veranstaltung fei­ern: Dafür konn­ten wir das Ensemble „men­dels töch­ter“ gewin­nen, das sich seit vie­len Jahren dem Erbe des deutsch-ame­ri­ka­ni­schen Synagogenmusikers Erich Mendel / Eric Mandell wid­met. Die Musikerinnen hal­ten damit das Gedächtnis an einen jüdi­schen Kantor wach, der aus Gronau stamm­te und von 1922 bis 1939 in Bochum wirk­te. Nach sei­ner erzwun­ge­nen Emigration in die USA wirk­te er als Chordirektor an der Har-Zion-Synagoge und als Leiter der Kantorenausbildung am Gratz-College in Philadelphia. Er trug eine der welt­weit größ­ten Sammlungen syn­ago­ga­ler Musik zusammen.

Die Musikerinnen stel­len in wech­seln­den Besetzungen die Werke Erich Mendels / Eric Mandells vor, dazu Musik, die sie – inspi­riert von sei­nen Melodien – selbst geschaf­fen haben. – Pfarrer em. Dr. Manfred Keller, Biograph von Mendel / Mandell, mode­riert das Konzert und gibt Einblicke in Leben und Werk die­ses bedeu­ten­den Vertreters syn­ago­ga­ler Musik.

Wir dan­ken der Evangelischen Gemeinde Telgte, dass wir die Veranstaltung in der Evangelischen Petruskirche Telgte durch­füh­ren dürfen.

Der Eintritt ist frei, am Ausgang wird um eine Spende zur Deckung der Unkosten gebeten.

Festakt zur Eröffnung der Alten Synagoge

Am 10. September 2023 wur­de – mehr als vier­zig Jahre nach ihrer Wiederentdeckung – die Fertigstellung der Restaurierung der Alten Synagoge mit einer Feierstunde im Rathaus began­gen. Von nun an kann die­ses ein­zig­ar­ti­ge Zeugnis jüdi­schen Lebens im Rahmen von Führungen besich­tigt werden.

Bürgermeister Wolfgang Pieper Foto: Große Hüttmann, WN Telgte

Bürgermeister Wolfgang Pieper wies in sei­ner Einführung auf die Bedeutung die­ses ein­zig­ar­ti­gen Denkmals hin, das die Spuren jüdi­schen Lebens in Telgte und Westfalen sicht­bar macht. Er dank­te allen, die an der schwie­ri­gen Arbeit der Rekonstruktion betei­ligt waren und die die viel­fäl­ti­gen auf­tre­ten­den Probleme mit gro­ßer Fachkenntnis und hohem Engagement beglei­tet haben. Er über­brach­te zudem Grüße der Nachfahren der in Telgte hei­mi­schen jüdi­schen Familien, die in der NS-Zeit aus Deutschland ver­trie­ben wor­den waren.

In einem span­nen­den Vortrag stell­te Dr. Christian Steinmeier vom LWL-Amt für Denkmalpflege die Geschichte des Gebäudes vor. Es wur­de um 1500 als Speicher erbaut und um 1740, als die Zahl jüdi­scher Familien in Telgte anwuchs, zur Synagoge erwei­tert und umge­stal­tet. Nach dem Bau der neu­en Synagoge in der Königstrasse dien­te es den neu­en Besitzern, der Familie Auerbach, über meh­re­re Generationen als Raum für das kosche­re Schlachten. Ziel der Restaurierung war es, die ver­schie­de­nen Funktionen und Zeitschichten sicht­bar zu machen. Elemente, die an die Nutzung als Synagoge erin­nern wie Reste der Ausmalung, des Tonnengewölbes, der Fenster, der Nische für den Thoraschrein, der Fundamente des Lesepultes und der Frauenempore wur­den behut­sam rekonstruiert.

Dr. Christian Steinmeier Foto © K. Rüter

In einer sehr per­sön­li­chen Ansprache stell­te Frau Sabine Revering als Eigentümerin ihre eige­ne Verbundenheit mit die­sem Ort dar und erin­ner­te an die Turbulenzen der Restaurierungsphase, in der es immer wie­der zu unvor­her­ge­se­he­nen Ereignissen kam. Anschließend über­gab sie Bürgermeister Pieper sym­bo­lisch den Schlüssel.

Dr. Barbara Elkeles als Vorsitzende des Vereins Erinnerung und Mahnung bezeich­ne­te die Eröffnung der Synagoge in ihrer Ansprache als unfass­bar gro­ßes Geburtstagsgeschenk für den Verein, der in die­sem Jahr sein 25jähriges Jubiläum begeht. Nach 25 Jahren sind die Vereinsziele wei­ter aktu­ell. Angesichts erschre­cken­der Umfrageergebnisse, die im gan­zen Land eine besorg­nis­er­re­gen­de brei­te Zustimmung zu rechts­ra­di­ka­lem und frem­den­feind­li­chem Gedankengut auf­de­cken, ist es umso wich­ti­ger, das Gedächtnis an jüdi­sches Leben in Telgte und an die Verfolgungen der NS-Zeit wei­ter­hin mah­nend wach zu halten.

Bürgermeister Pieper über­reicht Ludwig Rüter die Stadtplakete der Stadt Telgte Foto: Große Hüttmann, WN

Zum Abschluss wur­de durch Bürgermeister Wolfgang Pieper die Stadtplakette an Ludwig Rüter über­reicht. Diese Ehrung erhielt er für sei­ne jahr­zehn­te­lan­gen Verdienste um die Pflege der Erinnerung an jüdi­sches Leben in Telgte. Seine Entdeckung der Alten Synagoge im Jahr 1980, als er mit sei­nen Schülern zur jüdi­schen Geschichte forsch­te und sei­ne Beharrlichkeit bei der Verfolgung des Ziels, die­ses Zeugnis jüdi­schen Lebens zu erhal­ten und zugäng­lich zu machen, sind nun mit dem Abschluss der Restaurierungsarbeiten zum Ziel gekommen.

Anschließend bestand im Rahmen von Führungen anläss­lich des Tages des Offenen Denkmals Gelegenheit, die Synagoge zu besich­ti­gen. Der Verein Erinnerung und Mahnung wird für Mitglieder, Freunde und Interessierte Führungen anbie­ten und ist auch wei­ter­hin in die Erarbeitung eines Nutzungskonzeptes einbezogen.

Dr. Barbara Elkeles

Zum 100. Geburtstag von Alfred Auerbach

Eine digi­ta­le Ausstellung zu sei­nem Leben

Alfred Auerbach war einer der weni­gen Telgter Juden, die die NS-Zeit über­leb­ten. Anlässlich sei­nes 100. Geburtstages hat das Stadtarchiv Telgte eine digi­ta­le Ausstellung erstellt, in der Stationen sei­nes Lebensweges dar­ge­stellt werden:

Das Leben sei­ner Familie  in Telgte, die Verfolgung in der NS-Zeit, die Emigration nach Palästina, sein Leben in Israel und schließ­lich sei­ne Besuche in Telgte, wo er als Zeitzeuge berichtete.

Zur Ausstellung:

Alfred Auerbach (1923–2006) – Eine Lebensgeschichte. Ausstellung zum hun­derts­ten Geburtstag eines Zeitzeugen

Wanderausstellung Jüdisches Leben in Münster und im Münsterland: „Spurensuche_n im Gestern und Heute“

05.03.–28.03.2023 | Foyer Rathaus Telgte, Baßfeld 4–6, 48291 Telgte
Mo–Mi 8:00–12:00 + 14:00–16:00Uhr, Fr 8:00–12:00 Uhr
Vernissage: Sonntag 05.03. 11:30–12:30 Uhr, die Ausstellung ist bis 14:30 Uhr geöffnet

Die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) zeigt in Kooperation mit dem Verein Erinnerung und Mahnung – Verein zur Förderung des Andenkens an die Juden in Telgte e.V. und der Stadt Telgte die Ergebnisse eines bür­ger­wis­sen­schaft­li­chen Projektes.

Im Rahmen der Expedition Münsterland ist aus dem Projekt „Spurensuche_n: Jüdisches Leben im Münsterland“ eine Wanderausstellung auf his­to­ri­schen Türblättern ent­stan­den. Gemischte Teams aus Wissenschaftlerinnen, Bürgerinnen und Studierenden haben zu selbst gewähl­ten Orten der Region gemein­sam Inhalte auf­ge­ar­bei­tet und dar­ge­stellt. Gleichzeitig ent­stand in zwei­jäh­ri­ger Zusammenarbeit des FilmLAB der WWU und der Jüdischen Gemeinde Münster ein Dokumentarfilm „Jüdisch leben heu­te. Aus dem Gemeindeleben in Münster“, der in sie­ben Episoden aus dem Alltag der Gemeinde erzählt. Die Gegenüberstellung der Spuren ehe­ma­li­gen jüdi­schen Landlebens und der gegen­wär­ti­gen, leben­di­gen, aber auch weit­ge­hend nicht bekann­ten Lebenswelt der jüdi­schen Gemeinde in Münster macht den Reiz der Ausstellung aus. Nachdem die Wanderausstellung in ver­schie­de­nen Orten des Münsterlandes unter­wegs war, macht sie nun einen letz­ten Halt in Telgte im Kreis Warendorf.

Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus

Einladung zu der dies­jäh­ri­gen zen­tra­len Gedenkveranstaltung aus Anlass des natio­na­len und inter­na­tio­na­len Opfergedenktages.

Termin: Mittwoch, 1. 2. 2023 um 17:00 Uhr
Ort: Pfarrkirche St. Clemens

Die Feier wird gemein­sam vom Verein „Erinnerung und Mahnung Telgte“, dem St. Rochus-Hospital Telgte und der Pfarrgemeinde St. Marien Telgte in Zusammenarbeit mit der Stadt Telgte ver­an­stal­tet.
Gedacht wer­den soll aller Menschen, die in Telgte wäh­rend der NS-Zeit Opfer von Diskriminierung und Verfolgung wur­den – als Juden, Sinti, geis­tig Behinderte, psy­chisch Kranke, reli­gi­ös oder poli­tisch Verfolgte.
Die Veranstaltung wird ca. 45 Minuten dau­ern. Wir wei­sen dar­auf hin, dass die Kirche nur mode­rat geheizt sein wird.