Auseinandersetzung mit der NS-Zeit, Publikationen

Schülerarbeit von 1980: Geschichte und Schicksal der Telgter Juden 1933–1945

Schülerarbeit: Geschichte und Schiksal der Telgter Juden 1933-1945

Der Anstoß, sich mit der NS-Zeit in Telgte aus­ein­an­der­zu­set­zen, kam von außen! Die Körberstiftung in Hamburg, die den von Gustav Heinemann initi­ier­ten Wettbewerb »Deutsche Geschichte um den Preis des Bundespräsidenten« betreut, schrieb 1980 alle Schulen an und lud sie ein, zu dem Thema »Alltag im Nationalsozialismus« auf loka­ler Ebene zu for­schen. Das Echo war groß. Zu kei­nem Thema gin­gen je mehr Beiträge ein.

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Auch in Telgte waren die 12 Jahre der NS-Herrschaft mit dem Mantel des Schweigens zuge­deckt. Das Heimatbuch »TeIgte, Chronik einer Stadt« (1974) blen­det die­ses Kapitel ganz aus. Zwei Schüler der Realschule, Gregor Rüter und Rainer Westhoff, mach­ten sich auf zur Spurensuche nach dem Leben und Schicksal der Telgter Juden wäh­rend die­ser Zeit.

Der Großvater von Rainer, Heinrich Klömmer, war bis zur zwangs­wei­sen Schließung des Betriebes der Brüder Auerbach 1938 dort ange­stellt. Seine Großmutter leb­te noch und konn­te ihnen viel aus ers­ter Hand berich­ten. Sie hat­te auch man­chen Tipp, wen sie eben­falls befra­gen konn­ten. So kamen etwa 25 Interviews zusam­men mit den Aussagen von ver­schie­de­nen Zeitzeugen. Ehemalige Nazis waren nicht dar­un­ter, leider.

Im Stadtarchiv war­te­te ein reich­li­cher Aktenbestand zum Thema auf wiss­be­gie­ri­ge Forscher. Auch die loka­len Zeitungen waren kom­plett in Sammelbänden und eine rei­che Fundgrube. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung unter­stütz­ten die Schüler in allen Belangen: sie kopier­ten die Quellen, druck­ten die Texte und über­nah­men das Binden der Arbeit.

1980: Rainer Westhoff und Gregor Rüter

1980 Rainer Westhoff und Gregor Rüter (Foto: L. Rüter)

Die loka­le Presse nahm leb­haf­ten Anteil an neu­en Erkenntnissen. So erreg­te die Nachricht die Öffentlichkeit, dass die ehe­ma­li­ge Synagoge ( bis 1875) noch unver­sehrt und in Resten der Ausmalung erkenn­bar, die Zeiten über­lebt hat­te, ver­bor­gen im Hinterhof des Hauses der Familie Jakob Auerbach.

Alte Synagoge

1980 Gregor Rüter in der alten Synagoge (Foto: L. Rüter)

So ent­stand in dem hal­ben Jahr bis Februar 1981 die 116 Seiten umfas­sen­de Dokumentation. Sie wur­de mit einem zwei­ten Preis aus­ge­zeich­net und 1985 von der Stadt Telgte als Buch herausgegeben.

1981 stell­ten die Schüler mit ihrem Lehrer Ludwig Rüter an die Stadt den Antrag, am Standort der zer­stör­ten Synagoge eine Gedenktafel anzu­brin­gen. Der Rat der Stadt stimm­te zu, und Bürgermeister Karthaus und Stadtdirktor Melchers ent­hüll­ten die­se Tafel im Herbst 1981.

1981 Einweihung der Gedenktafel

 

1981 Einweihung der Gedenktafel

1981 Einweihung der Gedenktafel im Judengänsken zur Erinnerung an die Telgter Synagoge (Fotos: L. Rüter)