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Blumengesteck am Mahnmal in der Königstraße gestohlen

Nur weni­ge Tage über­dau­er­te das Blumengesteck, dass der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte am Montag, den 09.11.2020, zum Gedenktag der Reichspogromnacht auf­ge­stellt hat­te. Unbekannte haben das Gesteck ent­fernt und nur den lee­ren Korb ste­hen las­sen, der an der Stele befes­tigt war. 

Glücklicherweise fan­den sich an der Gedenksäule kei­ne Schmierereien, so dass am ehes­ten von einem blo­ßen Diebstahl aus­zu­ge­hen ist. Gleichwohl  – am Platz der ehe­ma­li­gen Synagoge und nur weni­ge Tage nach dem Gedenktag – bekommt solch ein Akt einen beson­ders üblen Beigeschmack. Das Mahnmal und das an ihm abge­leg­te Gesteck ste­hen gegen Diskriminierung und Rassismus und für Toleranz und Humanität. Diese Haltungen und das Gedenken an die Opfer der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Verfolgung sind seit Jahren breit in der Telgter Stadtgesellschaft ver­an­kert. Wenn die­se Gedenkkultur unter­gra­ben wird, spricht das zumin­dest für Gleichgültigkeit und Respektlosigkeit gegen­über den Opfern, viel­leicht aber sogar für dif­fu­se Feindseligkeit und mehr oder weni­ger offe­nen Antisemitismus. 

Gedenken an die Pogromnacht am Mahnmal in der Königstraße

Zum Gedenken an die Novemberpogrome Jahren leg­te der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte am 09. November ein Blumengesteck am Mahnmal in der Königstrasse nie­der. An die­ser Stelle stand bis zum 10. November 1938 die Synagoge der jüdi­schen Gemeinde Telgte. Sie war erst 1875 errich­tet worden. 

Die anti­jü­di­schen Ausschreitungen, die von den Nationalsozialisten zynisch als „Reichskristallnacht“ bezeich­net wur­den, erfolg­ten in Telgte einen Tag spä­ter als in den meis­ten Orten des Deutschen Reichs. Der Führer des ört­li­chen Reichsarbeitsdienstes hat­te es zuvor abge­lehnt, die Synagoge im Auftrag der SA ein­zu­rei­ßen. Stattdessen voll­zo­gen in der Nacht vom 10. zum 11. November SA-Einheiten aus Münster das Zerstörungswerk. Sie wur­den dabei von zahl­rei­chen Bewohnern unse­rer Stadt unter­stützt und beju­belt. Die Synagoge wur­de ver­wüs­tet, gebrand­schatzt und voll­stän­dig zer­stört. Zu die­sem Zeitpunkt leb­ten noch drei jüdi­sche Familien mit ins­ge­samt 12 Personen im Stadtgebiet. Sie wur­den gede­mü­tigt, gehetzt, miss­han­delt und z.T. ver­haf­tet. Ihre Wohn- und Geschäftshäuser wur­den beschä­digt. Nur weni­ge Telgter Bürger kamen ihren bedräng­ten jüdi­schen Nachbarn zu Hilfe. 

14 Monate spä­ter, am 09.01.1941, mel­de­te der Amtsbürgermeister von Telgte den Amtsbezirk als „juden­frei“. Nur vier jüdi­schen Mitbürgern war die Emigration gelun­gen. Die ande­ren wur­den in Ghettos und Konzentrationslager ver­schleppt und kamen um. Einige der ver­trie­be­nen jüdi­schen Familien waren schon seit Jahrhunderten in Telgte ansäs­sig. Außerdem fie­len meh­re­re jüdi­sche Patientinnen des St. Rochus-Hospitals der Verfolgung zum Opfer. 

Der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte gedenkt mit der Aktion der Opfer der anti­jü­di­schen Gewalttaten zur Zeit des Nationalsozialismus. Neben dem Mahnmal in der Königstrasse erin­nern meh­re­re Stolpersteine sowie Gedenktafeln am Jüdischen Friedhof und am Emswehr an die 400jährige Geschichte Jüdischen Leben in unse­rer Stadt. 

Gerade in einer Zeit, in der wir mit Entsetzen beob­ach­ten, dass anti­se­mi­tisch moti­vier­te Gewalttaten wie­der häu­fi­ger wer­den, sind die Erinnerung an die Gräuel und die Mahnung zu Toleranz und Gewaltfreiheit wich­ti­ger denn je. 

Orte jüdischen Lebens, Statdtrundgang durch Telgte

Orte jüdischen Lebens – Stadtrundgang durch Telgte

Der Stadtrundgang »Orte jüdischen Lebens« ist als gedruckter Flyer verfügbar.

Der Flyer liegt unter ande­rem an fol­gen­den Orten in Telgte aus:
» Tourismus + Kultur Telgte | Kapellenstraße 2
» RELíGIO – Westfälisches Museum für reli­giö­se Kultur | Herrenstraße 1–2
» Rathaus Telgte, Foyer | Baßfeld 4

Der Flyer für den Stadtrundgang als pdf-Download

Die Route durch die Altstadt:

  1. Marktplatz (Ausrufer)
  2. Synagoge bis 1875, Emsstraße Parkplatz Pottkieker
  3.  Familie Jakob Auerbach, Stolpersteine für Fanny, Klara, Jacob, Erich und Kurt Auerbach, Steinstraße 4
  4. Familie Hermann Auerbach, Stolpersteine für Johanna und Hermann Auerbach, Bahnhofstraße 5
  5. Gedenktafel im Judengängsken zur Erinnerung  an die Pogromnacht 1938
  6. Standort der Gedenkstele zur Erinnerung an Telgter Opfer des Nationalsozialismus,  Königstraße 43
  7. Stolpersteine für Henriette und Siegfried Mildenberg und Karl-Heinz Steinhardt
  8. Stolpersteine für Maria Josefa und Josef Unger, Ritterstraße
  9. Jüdischer Friedhof am Hagen
  10. Gedenktafel am Emswehr

Den Stadtrundgang können Sie in leicht abgewandelter Form auch über die vom Jüdischen Museum Berlin unterhaltene interaktive Karte zu jüdischem Leben in Deutschland »Jewish places« nachvollziehen.

» Stadtrundgang starten

 

Einladung zur Stadtführung: Stätten jüdischen Lebens in Telgte

Kostenlose Stadtführung
Sonntag, 21. Juni 2020 | 15.00 Uhr
Treffpunkt Marktplatz 

Wegen der Corona-Krise muss die Veranstaltung ver­scho­ben wer­den. Ein neu­er
Termin wird recht­zei­tig bekannt gegeben. 

Der Verein „Erinnerung und Mahnung Telgte“ lädt erneut zu einer Führung zu Stätten jüdi­schen Lebens in Telgte ein. 

Die Führung über­nimmt Frau Gertrud Stümper.

Die Führung zeigt die erhal­te­nen Spuren der jüdi­schen Gemeinschaft und Religionsausübung wie Friedhof und Synagoge. Sie führt zu ehe­ma­li­gen Wohn- und Geschäftshäusern und lässt damit das jahr­hun­der­te­lan­ge Zusammenleben von Christen und Juden in der Stadt unter wech­seln­den poli­ti­schen und sozia­len Bedingungen leben­dig wer­den. Die Schicksale jüdi­scher Familien  wer­den dar­ge­stellt. Aufgezeigt wer­den auch die erhal­te­nen Spuren der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Gewalt sowie Aktionen des Gedenkens und der Kontaktpflege zu über­le­ben­den jüdi­schen Mitbürgern. 

Die Veranstaltung ist kostenfrei. 

Telgter Aufruf für ein gutes und friedliches Miteinander – gegen Rassismus, Hass und Gewalt

Liebe Telgter Mitbürgerinnen und Mitbürger,

wir Unterzeichnenden sind tief besorgt und empört dar­über, dass es heu­te wie­der mög­lich ist, dass auf der Straße und in den sozia­len Medien Journalisten, öffent­li­che Personen und Menschen „wie Du und ich“ bedroht wer­den, weil sie anders aus­se­hen oder eine Meinung äußern, die Rechtsextremen nicht gefällt. Fanatismus, Rassismus und Hass führ­ten jüngst erneut wie­der zu grau­sa­mer Gewalt, die uner­mess­li­ches Leid über Unschuldige bringt und Angst unter uns ver­brei­ten soll. In unser aller Interesse stem­men wir uns dage­gen, dass in Deutschland wie­der Rassismus und Gewalt gegen soge­nann­te „Andere“ um sich grei­fen, denn die­ser Rassismus, die­ser Hass, die­se Gewalt trifft auch uns und unse­re Demokratie.

Wir rufen alle Mitbürgerinnen und Mitbürger von Telgte, ganz gleich woher sie stam­men, auf: Helfen und unter­stüt­zen Sie ein­an­der im Alltag, begeg­nen Sie ein­an­der mit Verständnis und Respekt, und ergrei­fen Sie das Wort, wenn in Ihrer Umgebung Äußerungen getan wer­den, die sich gegen Menschen rich­ten, die anders sind als Sie selbst.

Es ist an der Zeit sich ein­zu­mi­schen. Verhindern wir gemein­sam, dass in unse­rer Stadt und in unse­rem Land wie­der Verhältnisse ein­keh­ren, die unser gutes und fried­li­ches Leben zerstören!

Verein Erinnerung und Mahnung Telgte 

Filmvorführung: Eine Herzenssache – ein Film über Marga Spiegel und ihre Retter

Ein Film von Petra Seeger

Ort:  Museum Religio, Vortragsraum 

Termin: Freitag, 07.02.2020, 19:00 Uhr

Die jüdi­sche Familie Spiegel über­leb­te die natio­nal­so­zia­lis­ti­sche Verfolgung, weil fünf Bauernfamilien aus dem Münsterland den unge­heu­ren Mut auf­brach­ten, sie zu verstecken. 

Diese außer­ge­wöhn­li­che Überlebensgeschichte wur­de 2008/2009 als Spielfilm unter dem Titel „Unter Bauern“ mit Veronica Ferres in der Hauptrolle ver­filmt. Parallel ent­stand ein Dokumentationsfilm, der sich vor allem auf die Erinnerungen von Marga Spiegel und von Mitgliedern der an der Rettung betei­lig­ten Familien stützt. 

Dieser Dokumentationsfilm bie­tet eine gute Möglichkeit, der Opfer natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Gewalt zu geden­ken und auf­zu­zei­gen, dass neben Gewalt, Hetze und Mitläufertum auch Beispiele für mit­mensch­li­che Solidarität, Hilfsbereitschaft und Zivilcourage vor­han­den waren. 

Alle Interessierten sind dazu herz­lich eingeladen. 

Hans und Fritzi Mildenberg in Israel mit Sohn Rafi

Vortrag: Die Familie Mildenberg in Lengerich und Telgte

Der Verein „Erinnerung und Mahnung Telgte“ lädt anläss­lich des 81. Gedenktages an die reichs­wei­ten Novemberpogrome zu einer Vortragsveranstaltung ein.

Die Familie Mildenberg in Lengerich und Telgte
Verfolgung – Emigration – Wiedergutmachung

Referent: Bernd Hammerschmidt
Termin: Samstag, 09.11.2019, 11.00 Uhr
Ort: Pfarrheim St. Johannes, An der Johanneskirche 1, Telgte

Der Eintritt zu der Veranstaltung ist frei.

Im Mittelpunkt die­ses Vortrages steht die aus Lengerich stam­men­de jüdi­sche Familie Mildenberg. Hans Mildenberg, der sei­ne Jugendjahre in Telgte ver­brach­te, wur­de – eben­so wie sein Onkel Hermann – gede­mü­tigt und zur Ausreise aus Deutschland gezwungen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg bemüh­ten sich bei­de um eine mate­ri­el­le Wiedergutmachung für das Leid, das ihnen und ihren Familien wäh­rend der NS-Zeit zuge­fügt wor­den war.
Der Vortrag skiz­ziert den Verlauf der Verfahren, zeigt die Schwierigkeiten auf, mit denen die Antragsteller kon­fron­tiert waren, und wirft die Frage auf, inwie­weit das Unrecht, das jüdi­sche Mitbürger einst erlei­den muss­ten, wie­der „gut-gemacht“ wer­den kann.

Stadtrundgang zu den Orten jüdischen Lebens in Telgte

In Zusammenarbeit mit der Stadttouristik Telgte bot der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte am Sonntag, 29.09.2019, einen Rundgang zu den Orten jüdi­schen Lebens in Telgte an. Trotz hef­ti­gen Dauerregens waren ca. 15 Interessierte die­ser Einladung gefolgt. Unter der sach­kun­di­gen Leitung von Gertrud Stümper wur­de die 400jährige Geschichte jüdi­schen Lebens in Telgte erleb­bar, die mit der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Verfolgung ein jähes Ende fand. Die Geschichte der jüdi­schen Familien ins­be­son­de­re wäh­rend der NS-Zeit wur­de plas­tisch dar­ge­stellt. Die Orte der ehe­ma­li­gen Synagogengebäude und Friedhöfe wur­den, soweit zugäng­lich und ange­sichts der Wetterverhältnisse mög­lich, besucht. Interessierte kön­nen die Stationen auf einem Flyer (erhält­lich im Treffpunkt Telgte) nachlesen.

Stolpersteinverlegung in Telgte am 9. Februar 2019

Der Einladung des Vereins »Erinnerung und Mahnung Telgte« zur Stolpersteinverlegung am 9.02.2019 war eine große Zahl von Interessierten gefolgt.

In sei­ner Begrüßung im Rathausfoyer wies Bürgermeister Wolfgang Pieper dar­auf hin, wie wich­tig es ange­sichts aktu­el­ler Tendenzen zu Ausgrenzung und Diskriminierung ist, die Erinnerung wach­zu­hal­ten und im wahrs­ten Sinne dar­über zu »stol­pern«. Frau Dr. Elkeles als Vereinsvorsitzende dank­te vor allem den groß­zü­gi­gen Spendern, ohne die die­se Aktion nicht mög­lich gewe­sen wäre. Es folg­te ein Vortrag von Professor Dr. Peter Kröner, der den engen ideo­lo­gi­schen Zusammenhang zwi­schen Krankenmorden und Judenvernichtung belegte.

Direkt im Anschluss wur­den durch den Künstler Gunter Demnig  die ers­ten bei­den Stolpersteine für Bernhard Möller und Bernhard Lütke Grachtrup ver­legt. Die letz­te frei gewähl­te Wohnung lag für bei­de im ehe­ma­li­gen Kirchspiel. Daher wur­den die Steine an zen­tra­ler Stelle der Stadt direkt vor dem Rathaus gesetzt.

Zur nächs­ten Stelle in der Dr. Josef Koch Straße 4 muss­ten die Teilnehmer nur weni­ge Meter zurück­le­gen. Hier leb­te Anton Erich Sauerland. Der vier­te Stein in der Innenstadt für Oskar Rolf wur­de im Anschluss vor dem Eingang zur Tiefgarage der Volksbank in der Ritterstrasse 64, dem ehe­ma­li­gen Standort des »Langen Jammers«, ver­legt. Dort lie­gen schon zwei Steine für Josef und Maria Unger, die als soge­nann­te »Zigeuner« ver­folgt und ermor­det wurden.

An den ein­zel­nen Stellen ver­las Frau Dr. Dorothea Beck Kurzbiographien der Opfer. Ein Gebetstext, gespro­chen durch Arnold Michels, gab den Anwesenden Gelegenheit, ihre Trauer und inne­re Bewegtheit in Worte zu fas­sen. Eine durch Gertrud Stümper auf jedem Stein nie­der­ge­leg­te wei­ße Rose ver­lieh der Szene eine erns­te Würde. Musikalisch wur­den die Verlegungen von kur­zen Sätzen für Frauenterzett umrahmt (Iris Becker, Barbara Elkeles, Claudia Zumbrock).

Nach einer klei­nen Pause, in der sich die Teilnehmer in der Cafeteria des St. Rochus-Hospitals mit einem Kaffee auf­wär­men konn­ten, wur­den vor der Kapelle des St. Rochus-Hospitals Stolpersteine für die ehe­ma­li­gen jüdi­schen Patientinnen Gladys Strauss und Sophia Serphos gesetzt. Die Gestaltung hat­ten die dor­ti­gen Verantwortlichen und Mitarbeiter über­nom­men. Einer Begrüßung durch den Ärztlichen Direktor, Professor Dr. med. Matthias Rothermundt, folg­ten Kurzbiographien der Opfer, ver­le­sen durch Mitarbeiterinnen des Langzeitbereichs. Die städ­ti­sche Musikschule steu­er­te Klezmer-Musik bei, durch den Krankenhausseelsorger Peter von Elst wur­de ein Bußpsalm in der Übersetzung von Martin Buber verlesen.

Nach der Veranstaltung waren vie­le Teilnehmer tief bewegt und ergrif­fen. Unsere Stadt besitzt durch die neu­en Stolpersteine wei­te­re Erinnerungsorte, die das Gedenken an die Opfer und das Ihnen zuge­füg­te Unrecht wach halten.

Zum Schluss ein paar Worte in eigener Sache:

Der Verein »Erinnerung und Mahnung Telgte« hat sich die Pflege die­ser Erinnerungskultur zur Aufgabe gesetzt. Um die­se Aufgaben auch wei­ter­hin erfül­len zu kön­nen, sind wir auf Ihre Unterstützung ange­wie­sen. Das kann in Form einer akti­ven Mitarbeit gesche­hen. Wir freu­en wir uns aber auch, wenn Sie uns ein­fach durch Ihren Beitritt und damit durch Ihre Mitgliedsbeiträge unterstützen.
Dr. Barbara Elkeles

Bildergalerie zur Verlegung der Stolpersteine am 9. Februar in Telgte.

Fotos: Kordula Rüter, letz­tes Foto in der Reihe: WN Telgte


Einladung zur Stolpersteinverlegung

In den ver­gan­ge­nen Jahrzehnten wur­de in Telgte vor allem durch das Engagement von Ludwig Rüter das Schicksal ehe­ma­li­ger jüdi­scher Mitbürger auf­ge­ar­bei­tet. Vor den ehe­ma­li­gen Wohnungen wur­den im Jahr 2004 Stolpersteine ver­legt. Aber auch geis­tig behin­der­te und psy­chisch kran­ke Menschen wur­den Opfer der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Rassenpolitik. Ihr Schicksal ist in der 2017 erschie­ne­nen Neuauflage des „Gedenkbuches für Telgter Opfer des Nationalsozialismus“ dokumentiert.

Darunter war Bernhard Möller, der an dem soge­nann­ten Down-Syndrom litt. Er leb­te mit sei­ner Familie in der Bauernschaft Schwienhorst. Im Jahr 1940 kam er als Zehnjähriger in die Heil- und Pflegeanstalt Niedermarsberg in Westfalen, am 17.10.1943 wur­de er nach meh­re­ren „Verlegungen“ in der soge­nann­ten Kinderfachabteilung Meseritz-Oberwalde in der Provinz Posen ermor­det. Der Familie wur­de als Todesursache „Herzmuskelschwäche“ mit­ge­teilt. Auch der 1916 in Telgte gebo­re­ne Oskar Rolf, der an einer geis­ti­gen Behinderung und epi­lep­ti­schen Anfälleln litt, wur­de Opfer der Krankenmorde: Über meh­re­re Zwischenstationen wur­de er schließ­lich in die Anstalt Hadamar in Hessen ver­legt, wo er am 30.10.1944 umge­bracht wur­de. Das Schicksal der wei­te­ren Opfer kann im Gedenkbuch und auf die­ser Website des Vereins nach­ge­le­sen werden.

Auch die­ser ehe­ma­li­gen Telgter soll nun durch Stolpersteine gedacht wer­den. Die Steine wird der Künstler Gunter Demnig am 9. Februar 2019 ver­le­gen. Um 11.30 begin­nen wir mit einer Einführungsveranstaltung im Rathausfoyer. Hier wird Herr Prof. Dr. Peter Kröner in einem kur­zen Vortrag die ideo­lo­gi­schen Zusammenhänge zwi­schen Krankenmorden und Judenvernichtung erklä­ren. Anschließend wer­den die vier Steine in der Innenstadt ver­legt. Gegen 13.15 Uhr fol­gen am St. Rochus-Hospital zwei wei­te­re Verlegungen für die ehe­ma­li­gen jüdi­schen Patientinnen Gladys Strauss und Sophia Serphos.

Zu der Verlegung der Stolpersteine am 09.02.2019 lädt der Verein herz­lich ein. Wer einen Stolperstein – Preis 120 Euro – stif­ten oder mit einer Spende zu der Aktion bei­tra­gen möch­te, ist dazu herz­lich eingeladen.

Die Telgter Synagoge, einzigartiges Zeugnis jüdischen Lebens im Münsterland

Vortrag von Dr. phil. Fred Kaspar

Sa. 10.11. | 11.00
Gemeindehaus St. Johannes, Einener Str. 3, 48291 Telgte

Am 10.11.1938 wur­de die 1875 errich­te­ten Synagoge in der Königstrasse im Rahmen der Novemberpogrome ver­wüs­tet, gebrand­schatzt und zer­stört. Genau 80 Jahre spä­ter lud der Verein Erinnerung und Mahnung Telgte am letz­ten Samstag zu einer Vortragsveranstaltung ins Pfarrzentrum St. Johannes ein, der mehr als acht­zig Teilnehmer folgten.

Alte Synagoge Telgte

Alte Synagoge Telgte

Alte Synagoge Telgte, Innenraum

Alte Synagoge Telgte, Innenraum

In einem fas­zi­nie­ren­den Vortrag  berich­te­te Dr. phil. Fred Kaspar über ein älte­res ehe­mals als Synagoge genutz­tes Gebäude in Telgte. Es gilt als ältes­te erhal­ten geblie­be­ne Synagoge Westfalens. Dieses in einem Innenhof gele­ge­ne Fachwerkgebäude ent­stand spä­tes­tens um 1500. Damit ist es zudem auch eines der ältes­ten Gebäude Telgtes. Es wur­de 1992 in die Denkmalliste der Stadt eingetragen.

Im 18. Jahrhundert leb­ten in Telgte meh­re­re wohl­ha­ben­de jüdi­sche Familien, drei von ihnen in den direkt angren­zen­den Häusern zwi­schen Ems- und Steinstraße. Sie gestal­te­ten den im Innenhof zwi­schen ihren Häusern gele­ge­nen ehe­ma­li­gen Speicher zu einer ansehn­li­chen Synagoge um: Hohe Bleiglasfenster auf bei­den Seiten spen­de­ten Licht. Reste von Holzschnitzereien und Inneneinbauten sind erhal­ten. Das Gebäude zeugt bis heu­te davon, dass Telgte neben Warendorf über Jahrhunderte ein Zentrum jüdi­schen Lebens im Münsterland dar­stell­te. In der Stadt Münster durf­ten sich Juden dage­gen erst ab 1803 dau­er­haft niederlassen.

Vortrag von Dr. Kaspar, 10.11.2018

In der nach­fol­gen­den Diskussion wur­de mehr­fach der drin­gen­de Wunsch geäu­ßert, dass die­ses ein­zig­ar­ti­ge Kulturdenkmal auf Zukunft gesi­chert blei­ben muss, zudem wie­der her­ge­rich­tet und der Öffentlichkeit als Gedenkort zugäng­lich gemacht wird. Bürgermeister Wolfgang Pieper ver­wies auf den Stolz vie­ler Eigentümer auf einen kul­tur­ge­schicht­lich bedeut­sa­men denk­mal­ge­schütz­ten Besitz. Denkmalschutz die­ne dazu, Eigentümer beim Erhalt ihrer his­to­ri­schen Bauten zu unter­stüt­zen. Er stell­te eine Einbindung der ehe­ma­li­gen Synagoge in ein städ­te­bau­li­ches Gesamtkonzept in Aussicht. Derzeit wür­den zu dem Thema sehr kon­struk­ti­ve Gespräche geführt.

Weiterführende Informationen:
Frühe Geschichte der Juden in Telgte